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Brill Schoningh Krieg Und Fliegen. Die Legion Condor Im Spanischen
F**R
Ein wichtiges und solide recherchiertes Buch
Mit ihrem Buch über die "Legion Condor" im Spanischen Bürgerkrieg ist Stefanie Schüler-Springorum ein beeindruckendes Werk gelungen. Im Gegensatz zu vielen anderen Büchern über den Spanischen Bürgerkrieg, die sich in eher allgemeiner Form mit der politischen und militärischen Entwicklung befassen, nimmt die Autorin die Akteure als handelnde Personen mit ihrer speziellen Mentalität in den Blick. Sie tut dies auf breiter Quellenlage und trägt damit ganz wesentlich zur Entmystifizierung der "Legion Condor" bei.Anhand der von Schüler-Springorum zusammengetragenen Fakten steht fest, dass etwa 20000 deutsche Soldaten (mehrheitlich im Alter zwischen 20 und 27 Jahren und überwiegend bürgerlicher Herkunft) im Rahmen der "Legion Condor" am Spanienkrieg teilnahmen - allerdings nie mehr als ungefähr 5000 Soldaten gleichzeitig, da man die Soldaten nach einigen Monaten austauschte, um möglichst vielen praktische Kriegserfahrungen vermitteln zu können. 300 Legionäre fanden in Spanien den Tod (davon etwa die Hälfte im Kampfeinsatz, die übrigen vor allem durch Unfälle, teils auch durch Krankheiten, in Einzelfällen durch Suizid). Die Autorin belegt, dass es sich bei der offiziell behaupteten "Freiwilligkeit" des Einsatzes um einen propagandistischen Mythos handelte. Ebenso wäre es ihrer Auffassung nach zu einfach, die Legion als faschistische Elitetruppe darzustellen, da es in ihr neben ideologisch absolut überzeugten Soldaten auch unpolitische Abenteurer und Kritiker gab, die den Sinn des Einsatzes bezweifelten und die Bombardierung spanischer Städte (z.B. Guernica) verurteilten. Neben den militärischen Ereignissen und den daraus gezogenen militärischen "Lehren" widmet die Autorin ihre Aufmerksamkeit auch kulturellen Aspekten. So beschreibt sie die kulturellen Anpassungsschwierigkeiten vieler Legionäre in Spanien, ihr Selbstbild, ihre Einschätzung der Verbündeten bzw. Gegner, den persönlichen Umgang mit dem Töten und eigener Todesangst, nicht zu vergessen die Freizeitgestaltung der Legionäre (Tourismus, bunte Abende, alkoholische Exzesse, Bordellbesuche).Eingebettet wird die überaus detailreiche Darstellung in einleitende und abschließende Kapitel, in denen Schüler-Springorum sowohl die Entwicklung der deutschen Luftwaffe darstellt (Erster Weltkrieg, propagandistische Erschaffung von "Fliegerhelden", heimlicher Aufbau der Luftwaffe vor 1933 und Fortsetzung nach 1933), als auch die militärischen, politischen und geschichtspolitischen Nachwirkungen des Spanien-Einsatzes der Legion untersucht. Dies dient sicherlich der Vollständigkeit der Darstellung (insbesondere im Hinblick auf die Entstehung einer besonderen "Flieger-Mentalität"), ist meines Erachtens aber im Fall der einleitenden Kapitel etwas zu breit ausgefallen. So muss man sich als Leser etwa 80 Seiten lang gedulden, bis die Autorin beim eigentlichen Thema angelangt. Etwas störend wirken auch einige überzogene Bemerkungen, die vor allem dem geschlechtsgeschichtlichen Ansatz der Autorin geschuldet sind. So ist die unbestreitbare Tatsache, dass sich die NSDAP als "männlich-aggressive Partei der Jugend" darstellte und "überproportional viele junge Männer in ihre Reihen" zog (S. 55) durch den Hinweis auf gleichartiges Wahlverhalten beider Geschlechter seit 1932 zu ergänzen (vgl. Jürgen Falter: "Hitlers Wähler", 1991). "Eine als zügellos dargestellte weibliche Sexualität" in Frontromanen der späten 1920er Jahre als Anzeichen für "aktuelle Krisen der männlichen Geschlechtsidentität" zu interpretieren (S. 44), erscheint mir nicht überzeugend, da diese Interpretation die verkaufsfördernde Wirkung von Männerphantasien unterschätzt. Pikierte Bemerkungen der Autorin über "schlechten männlichen Geschmack" und die "abgeschmackten Zoten" des typischen Landser-Humors (S. 140) mögen politisch zwar korrekt sein, wirken vor dem Hintergrund des Kriegsalltages und der praktizierten "Triebabfuhr" jedoch unrealistisch.Insgesamt betrachtet hat Stefanie Schüler-Springorum ein sehr interessantes, fleißig recherchiertes und wichtiges Buch über einen bedeutenden Aspekt des Spanischen Bürgerkrieges geschrieben, das man jedem Interessenten empfehlen kann.
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1 week ago
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